Zeitgeist-Spotter Pluralism

Angetrieben durch kürzliche Aktivistenbewegungen wurden Marken sowie öffentliche Personen unausgesprochen aufgefordert ihre politischen Engagements oder Bekennungen zu hinterfragen. In welchen Situationen und wie soll sich eine Marke politisch äussern? Müssen diese Statements mit Folgetaten bekräftigt werden? Damit zusammenhängend steht oftmals die Bekämpfung von Diskriminierung und die Förderung von Diversität. Diesen Trend bezeichnen wir als Pluralism.

Die Bedeutung des Trends: Anstelle generischer Kampagnen für Diversität sollen Marken reale und authentische Geschichten der gesellschaftlichen Vielfalt erzählen. Der kulturelle Trend zeigt die Vorteile der Vielfalt in Gruppen auf und, dass Gesellschaften stärker sind, wenn deren MitgliederInnen unterschiedliche Hintergründe und Erfahrungen mitbringen. Die Politik steht dabei als kritisches Territorium nicht im Zentrum. Engagieren sich Unternehmen für politische Zwecke, besteht die Gefahr KonsumentInnen (auf beiden Seiten) zu verstimmen. Zwei von fünf Personen lehnen es ab, dass sich Marken politisch einbinden (TBWA\Zürich Marktforschung, April 2020).

\ Pluralism gegen Diskriminierung

Die bereits seit Jahren bestehende Black-Lives-Matter (BLM) Aktivistenbewegung konnte in den vergangenen Wochen niemandem entgehen. Was in den USA mit Protesten gegen tödliche Polizeigewalt gegenüber schwarzen Menschen seinen Anfang nahm, verbreitete sich bald weltweit. In zahlreichen Städten (z.B. Paris, London und Zürich) versammelten sich DemonstrantInnen und Social Media war voller Sympathiebezeugungen. Der Hashtag #BlackLivesMatter erfuhr kürzlich eine immense Reichweite, als unzählige öffentliche Personen (darunter auch Schweizer wie Roger Federer, Carlos Leal oder Stress) sowie Marken Stellung nahmen, indem sie sich in sozialen Medien äusserten.

\ Wie sollen Marken Pluralism angehen?

Wenn Marken sich für Diversität einsetzen wollen, müssen sie authentisch bleiben und reflektiert handeln. Bekundungen ohne Sinngehalt und klaren Standpunkt werden als vage und leer wahrgenommen. Wichtig ist jedoch, dass Unternehmen eine Vision verfolgen, welche Wandel und Weiterentwicklung anstrebt. Wer auf jedes beliebige soziale Problem aufspringt, wird als opportunistisch wahrgenommen. Zudem sinkt die Glaubwürdigkeit und es kommen unangenehme Fragen auf.

Speziell bei der Reaktion auf soziale Brennpunkte gilt der Leitsatz «Taten sagen mehr als Worte». Mit gutem Beispiel ging LEGO anfangs Juni voran, als sie eine Spende im Wert von $4Mio. ankündigten. Es werden Organisationen unterstützt, die sich für das Wohlergehen und die Gleichstellung schwarzer Kinder einsetzen oder Kinder über Ungleichheiten und Rassismus weiterbilden. Darüber hinaus stellte LEGO die Vermarktung aller Spielzeugsets, die im Zusammenhang mit der Polizei stehen, ein.

Die Organisation Pro Infirmis, welche Menschen mit körperlichen, kognitiven und psychischen Behinderungen unterstützt, lancierte 2019 eine Werbekampagne mit dem Titel Ungehindert behindert. Diese konzentrierte sich auf die Darstellung der Betroffenen, indem bekannte Schweizer Werbekampagnen in Partnerschaft mit Migros, Appenzeller, Mobiliar, Galaxus und Coop neu interpretiert wurden. Diese Kampagne sprach ein Tabuthemen an und vermittelte Pluralism, indem alle Personengruppen einer Gesellschaft miteinbezogen und angesprochen wurden, auch ausserhalb der «Zeitgeist»-Trends.

\ Es liegt in unserer Hand

Marken können auf vielfältige Weise zum Fortschritt unserer Gesellschaft beitragen. Das eigene Arbeitsumfeld sollten dabei laufend hinterfragt werden. Es können langfristige Engagements in die Unternehmensstrategie hineinfliessen, wie auch ausgewählte Initiativen gefördert oder Spendenbeiträge geleistet werden.